Geschichte

Der Internationale Beethoven Klavierwettbewerb Wien ist der älteste und wichtigste internationale Klavierwettbewerb Österreichs. Die Universität für Musik und darstellende Kunst Wien veranstaltet diesen Wettbewerb zum sechzehnten Mal. Vor über 50 Jahren gegründet, treffen seither alle vier Jahre ausgewählte junge Pianistinnen und Pianisten in Wien zusammen, um vor einer international besetzten Jury und dem Wiener Publikum ihr Können unter Beweis zu stellen.

Wir laden Sie ein, sich das Album unseres vorhergehenden Ersten Preisträgers, Rodolfo Leone, anzuhören. Seine CD-Ausgabe für Gramola fand internationale Anerkennung und begeisterte Kritiken. Sie können das gesamte Album hier streamen.

Bisherige Juror_innen des Internationalen Beethoven Klavierwettbewerbs Wien

Dmitri Alexeev

Fabio Bidini

Bruno Canino

Pascal Devoyon

Sergei Dorensky

Peter Efler

Fumiko Eguchi

Christopher Elton

Brigitte Engerer

Noel Flores

Homero Francesch

Ryoko Fukasawa

Filippo Gamba

Valentin Gheorghiu

Hans Graf

Klaus Hellwig

Christopher Hinterhuber

Martin Hughes

Andreas Häfliger

Margarita Höhenrieder

Dianko Iliew

Akira Imai

Stanislav Ioudenitch

Alexander Jenner

Jan Jiracek von Arnim

Choong-Mo Kang

Yoheved Kaplinsky

Roland Keller

Daejin Kim

Ivan Klansky

Alfons Kontarsky

Michael Krist

Karl-Heinz Kämmerling

Christoph Lieske

Heinz Medjimorec

Dominique Merlet

Viktor Merzhanov

Minoru Nojima

John O‘Conor

Tatjana Ognjanovic

John Owings

Piotr Paleczny

Hans Petermandl

Gitti Pirner

Anne Queffélec

Ferenc Rados

Matti Raekallio

Walter Robert

Markus Schirmer

Soo-Jung Shin

Antti Siirala

Takahiro Sonoda

Jasminka Stancul

Erik Tawaststjerna

Etsuko Terada

Maria Tipo

Dubravka Tomsic

Blanca Uribe

Arie Vardi

Lev Vlassenko

Natasha Vlassenko

Jürg von Vintschger

Fanny Waterman

Wolfgang Watzinger

Eleanor Wong

Idith Zvi

Bisherige Preisträger_innen des Internationalen Beethoven Klavierwettbewerbs Wien

2017 

1. Preis – Rodolfo Leone

2. Preis – Sahun Hong

3. Preis – Bolai Cao

2013 

1. Preis – Maria Mazo

2. Preis (ex aequo) – Andrey Gugnin

2. Preis (ex aequo) – Valentin Fheodoroff

2009 

1. Preis – Alexander Schimpf

3. Preis (ex aequo) – Chi Ho Han

3. Preis (ex aequo) – Ji-Hoon Jun

2005 

1. Preis – Herbert Schuch

2. Preis – Gabrielius Alenka

3. Preis – Peter Ovtscharov

2001 

1. Preis – Oliver Kern

2. Preis – Christopher Hinterhuber

3. Preis – Ingo Dannhorn

1997 

1. Preis – Antti Aleksi Siirala

2. Preis – Christoph Berner

3. Preis – Ikuko Nishiyama

1993 

1. Preis – Leon Francis McCawley

2. Preis (ex aequo) – Filippo Gamba

2. Preis (ex aequo) – Martin Zehn

1989 

1. Preis – Jasminka Stancul

2. Preis – nicht vergeben

3. Preis – nicht vergeben

1985 

1. Preis – Stefan Vladar

2. Preis – Pavel Nersessian

3. Preis – Stephan Möller

1981 

1. Preis – Avedis Kouyoumdjian

2. Preis – Ian Hobson

3. Preis – Héctor Alejandro Daniel Rivera

1977 

1. Preis – Natalia Pankova

2. Preis – Edson Elias

3. Preis – Natalia Vlassenko

1973 

1. Preis – John O‘Conor

2. Preis – Seta Tanyel

3. Preis – Oscar Tarrago

1969 

1. Preis – Mitsuko Uchida

2. Preis – Oksana Jablonskaja

3. Preis – Verena Pfenninger

1965 

1. Preis – Lois Carole Pachucki

2. Preis – Edward Auer

3. Preis – Joao Carlos Miranda De Assis Brasil

1961  

1. Preis – nicht vergeben

2. Preis – Dieter Weber

3. Preis – Blanca Uribe

Geschichte des Wettbewerbs

Beethoven – ein Wiener? Genese eines Wettbewerbs

von Heinz Medjimorec

Im Studienjahr 1959/60 – ich war damals neunzehn – erwähnte mein Lehrer Richard Hauser in einer Unterrichtsstunde, dass er und sein Kollege Dr. Josef Dichler den Vorsatz gefasst hätten, einen großen internationalen Klavierwettbewerb in Wien zu gründen. Anfang der Dreißigerjahren hatte es bereits einen solchen gegeben, an dem an die 200 Kandidaten und Kandidatinnen teilnahmen und bei dem Richard Hauser, gemäß eigenen Angaben, einen der vordersten Plätze errungen hatte.

Das Besondere an der Idee der beiden renommierten Klavierprofessoren der damaligen Akademie für Musik und darstellende Kunst Wien war jedoch, dass es ein Stilwettbewerb sein sollte, in dem ausschließlich das Klavierwerk Beethovens als Programm gefordert wurde. Denn – so meinte mein Lehrer – Beethoven hatte vom 22. Lebensjahr an in Wien gelebt und nahezu all seine Kompositionen hier geschaffen. Noch heute erinnere ich mich an den Schlüsselsatz: „Wir müssen diesen Wettbewerb in Wien abhalten, ehe man in Beethovens Geburtsstadt Bonn auf dieselbe Idee verfällt.“ (Mittlerweile gibt es seit 2005 auch dort den Bonner Beethoven-Wettbewerb, der sich aber programmmäßig vom Wiener Wettbewerb deutlich unterscheidet.)

Binnen kurzer Zeit wurden die Statuten des Internationalen Beethoven-Klavierwettbewerbs Wien entworfen, die Programme der drei Runden fixiert und die Prospekte gedruckt und in Europa verschickt. Zugute kam dem Vorbereitenden Komitee – das waren die Professoren der Klavierabteilung der Akademie –, dass der Abteilungsleiter Hermann Schwertmann eine Druckerei besaß, in der die goldfarbenen Prospekte des ersten Wettbewerbs 1961 zu günstigen Bedingungen umgehend hergestellt wurden. Es handelte sich um eine eher bescheidene Auflagenzahl und die Flyer waren, neben persönlichen Kontakten, die einzige Möglichkeit, den neuen Wettbewerb bekannt zu machen. Das Internet war Zukunftsmusik.

Immerhin gab es 1961 an die 60 Anmeldungen, unter ihnen viele an der Akademie inskribierte Studierende. Bereits damals fanden alle drei Runden im Wiener Musikvereinsgebäude statt. Mein Lehrer hatte auch mich motiviert mitzutun und ich werde zwei Momente meiner Teilnahme niemals vergessen: erstens, als ich im Thema der Diabelli-Variationen knapp an einer bedenklichen Gedächtnislücke vorbeischrammte, und zweitens, als ich erfuhr, dass mir 0,08 Punkte gefehlt hatten, um das Finale erreichen. Ich wurde Vierter. – Insgesamt hat sich seit damals an den Programmerfordernissen der drei Runden wenig geändert, ausgenommen die Tatsache, dass seit den Neunzigerjahren alle Teilnehmer zwei Klavierkonzerte vorbereiten müssen und die drei Finalisten erst nach Abschluss der zweiten Runde mittels Losentscheid erfahren, welches der beiden Konzerte sie zu spielen haben. Ein zusätzliches Qualitätskriterium für die Preisträger.

Die Abhaltung des Beethoven-Wettbewerbs im Abstand von jeweils vier Jahren hat sich bewährt. Ursprünglich mussten alle Teilnehmer und Teilnehmerinnen eine Woche vor Beginn der ersten Runde zur Vorauswahl nach Wien kommen. Diese sechs Tage reichten einfach nicht mehr aus, als die Anzahl der Anmeldungen weit über 100 stieg. Seit mehr als zwanzig Jahren gibt es daher bereits im Februar des Veranstaltungsjahres internationale Vorauswahlen in Europa, in den USA und in Japan. Maximal 36 Kandidatinnen und Kandidaten werden auf Grund ausgezeichneter Leistungen dann zur ersten Runde nach Wien eingeladen. Der Sieg im Finale eröffnet die Möglichkeit für längerfristige Karrierechancen, da der nächste Sieger oder die nächste Siegerin des Internationalen Beethoven Klavierwettbewerbs Wien erst nach vier Jahren gekürt wird.

Nachdem Hermann Schwertmann in den Achtzigerjahren den Vorsitz im vorbereitenden Komitee zufolge seiner Pensionierung zurückgelegt hatte, übernahm der jüngere Lehrerkollege Hans Graf diese Funktion und nach seinem viel zu frühen Ableben 1994 fiel sie mir zu. An dieser Stelle muss die Leistung der damaligen Generalsekretärin Elga Ponzer erwähnt werden; bei ihr liefen alle Fäden zusammen, von der Anmeldephase der zahlreichen Teilnehmer über die Organisation der internationalen Vorauswahlen bis zur Erstellung aller Druckwerke und der Abwicklung des gesamten Hauptwettbewerbs inklusive Schlusskonzert und Preisverleihung. Elga Ponzer war über Jahrzehnte die Seele des Wettbewerbs.

Wie ein Wunder mutete es an, dass die weltbekannte österreichische Klavierfabrik L. Bösendorfer sich nach den ersten international erfolgreichen Wettbewerben bereit erklärte, dem Sieger bzw. der Siegerin einen fabriksneuen 2 m-Flügel zu schenken! Bedingung war, den gesamten Beethoven Wettbewerb exklusiv mit Bösendorfer-Flügeln durchzuführen. Ein solch enorm wertvoller 1. Preis ist nach wie vor weltweit einzigartig und hat die Teilnehmerzahlen zusätzlich stark ansteigen lassen.

Seit 2011 leitet Jan Jiracek von Arnim die Geschicke des Internationalen Beethoven-Klavierwettbewerbs Wien und verbindet die Tradition von mehr als 55 Jahren des Bestehens mit neuen, zeitgemäßen Ideen wie beispielsweise DVD-Auditioning und Internet-Streaming des Hauptwettbewerbs.

Möge dieser Wettbewerb noch viele Neuaufagen erleben. Das wünsche ich den zahlreichen künftigen Teilnehmern und Teilnehmerinnen, für die das Klavierwerk Ludwig van Beethovens ein unabdingbares Fundament ihrer Laufbahn darstellt. Für unsere Universität für Musik und darstellende Kunst Wien ist der Beethoven Klavierwettbewerb jedenfalls eine international bedeutsame Visitenkarte. Seine Gründung durch die Professoren Hauser und Dichler im Jahr 1960 war eine geniale Vision, die binnen kurzem Realität wurde und aus dem globalen Feld der bedeutendsten Musikwettbewerbe nicht mehr wegzudenken ist.

Beethoven im Wettbewerb – Wiener Tradition trifft auf frische Interpretationen

von Clemens Aigner

Rechtzeitig zum 250. Geburtstag des Komponisten veranstaltet die mdw den 16. Internationalen Beethoven Klavierwettbewerb

Eigentlich sind wir ja schon mitten im Geschehen. Die Bewerbungsphase ist abgeschlossen und auch die Vorauswahlen liegen bereits hinter uns. Gerade dieser Teil des normalerweise vierjährig ausgetragenen Wettbewerbs ist ein spannender und wesentlicher, gilt es für die hochkarätig besetzte Jury doch, aus den über 230 Anmeldungen die 32 Pianist_innen für den Hauptwettbewerb auszuwählen. Dieser startet mit einem Eröffnungsabend im Joseph Haydn-Saal der mdw am 4. Mai 2020 und schließt mit dem großen Finale im Goldenen Saal des Wiener Musikvereins am 14. Mai.

Internationalität

International ist nicht nur die Jury besetzt, international offen ist der gesamte Wettbewerb. Auditions finden in New York, Tokyo, Shanghai, Berlin und Wien statt, wobei die meisten Kanditat_innen in Wien persönlich vorspielen. Ebenso viele Bewerbungen kommen als Videoaufnahmen per DVD oder Datenstick – eine zeitgemäße Möglichkeit, die von immer mehr interessierten jungen Pianist_innen weltweit genutzt wird.

Jan Jiracek von Arnim, künstlerischer Leiter und Organisator des ältesten und wichtigsten internationalen Klavierwettbewerbs Österreichs, zeigt sich jedenfalls begeistert: „Ich finde es toll, dass sich so viele junge Menschen für diesen Wettbewerb interessieren und sich mit Beethoven auseinandersetzen, denn es ist auch ziemlich einzigartig, dass wir in unserem Wettbewerb nur Werke von Beethoven haben. Es gibt da meines Wissens nur einen anderen Wettbewerb, der das auch so macht, nämlich den Chopin-Wettbewerb in Warschau.“

Ein klarer Fokus

Das Klavierwerk Ludwig van Beethovens ist sehr umfangreich und beinhaltet 32 Klaviersonaten, fünf Klavierkonzerte, mehrere Variationen, Bagatellen, Fantasien und Tänze. Der Wettbewerb geht damit ausgesprochen differenzierend und sorgsam um, teilt die Werke in sechs Gruppen und weist diese den Vorauswahlspielen beziehungsweise den einzelnen Runden im Hauptwettbewerb zu, um eine optimale Vergleichbarkeit unter den Teilnehmer_innen zu erzielen.

Warum aber beschränkt sich der Wettbewerb auf nur einen Komponisten, so prominent und wegweisend dieser auch gewesen sein mag? Der künstlerische Leiter hebt die lange Tradition des Wettbewerbs hervor: „Der Internationale Beethoven Klavierwettbewerb entstand an der damaligen Akademie für Musik und darstellende Kunst, heute mdw, im Jahr 1958. Wien galt damals schon als Zentrum für die Interpretation von Beethovens Werken, und das Klavier-Institut der Akademie als weltweit führend bei Beethoven-Traditionen. Das geht auf Beethoven selbst zurück, der im Alter von 22 Jahren nach Wien zog, hier komponierte und über viele Jahre hinweg unterrichtete. Einer seiner Schüler war Carl Czerny, der seine Schrift Über den richtigen Vortrag der sämtlichen Beethoven’schen Werke für das Piano allein veröffentlichte und sein Wissen in seinem eigenen Unterricht an über 500 Schüler_innen weitergab, wodurch sich in Wien eine Tradition bildete – dazu gehört besonderes Legatospiel, sparsamer Pedalgebrauch, die Wahl von angemessenen Tempi und vieles andere mehr“, weiß Jan Jiracek von Arnim.

Werte als Herausforderung

Um die Fokussierung auf Beethoven richtig zu verstehen, muss man noch einen Schritt zurück, hinter die Tradition gehen, dorthin, wo die Entwicklung des Komponisten und seiner Persönlichkeit steht. Denn ab 1802 verlässt er die von Joseph Haydn erlernten stilprägenden Pfade und schlägt neue Wege ein, wenn er etwa seinem Verleger Gottfried Härtel schreibt, die beiden angebotenen Variationen seien „beyde auf eine wircklich ganz neue Manier bearbeitet, jedes auf eine andre verschiedene Art“. Und weiter: „… muss ich sie selbst versichern, dass die Manier in beiden Werken ganz neu von mir ist.“ Dies bedeutet einen Wendepunkt, der auch darauf zurückzuführen ist, dass Beethoven als Komponist nicht nur neuartige Klaviere zur Verfügung hatte, sondern auch viele Freiheiten kannte. Dazu ergänzt Jiracek: „Das zeichnet Beethoven ja aus, dass er am Ende alle Grenzen sprengt. So etwas wie die Hammerklaviersonate haben die Menschen seiner Zeit eigentlich nicht verstanden, das hat ihm aber nichts ausgemacht. Er war ein freier Mensch und nicht abhängig von einem Dienstherrn. Er konnte frei entscheiden, was er macht und wie er schreibt.“

Insofern treffen für den künstlerischen Wettbewerbsleiter die Worte des Schweizer Pianisten und Musikpädagogen Edwin Fischer zu: „Beim Studium des Klavierwerks Beethovens stößt man auf Schwierigkeiten, Fragen und Probleme, deren Überwindung nicht nur einen Teil der pianistischen, sondern der gesamten künstlerischen, ja menschlichen Erziehung eines Musikers bildet.“ Philosophisch könnte man es so interpretieren, dass die Werte, die Beethoven als Freigeist und Komponist der Aufklärung persönlich und künstlerisch lebte, in der Interpretation seiner Werke abgefragt werden und im Konzertsaal spürbar werden sollten.

Vernetzung und Partner

Zu guter Letzt hat der Internationale Beethoven Klavierwettbewerb auch eine tragende Bedeutung für die pianistische Community. Wenn junge, hochtalentierte und künstlerisch fortgeschrittene Pianist_innen, international renommierte und erfahrene Jurymitglieder sowie ein interessiertes und fachkundiges Publikum zusammentreffen, ist dies für das Networking und den Austausch von unschätzbarem Wert. Die Zusammenarbeit mit erstklassigen Partnern wie dem Wiener Musikverein, in dessen Sälen die 2. Runde und das Finale ausgetragen werden, der Camerata Salzburg, die unter dem Dirigenten Andrés Orozco-Estrada das Finalkonzert begleiten wird, und dem Klavierhersteller Bösendorfer, der einen Konzertflügel Modell 200 als 1. Preis stiftet, weiß der Wettbewerb zu würdigen. Ebenso schätzt er die Unterstützung durch internationale Institutionen wie etwa die Universität der Künste Berlin und andere Musikhochschulen sowie einzelne fördernde Privatpersonen und Privatstiftungen.

Anmerkung des Autors: Aufgrund der CoVid19-Krise wurde der Wettbewerbs verschoben, Details dazu finden Sie auf der Seite Zeitplan.

Dieser Artikel ist zuerst in der Ausgabe 2020/1 (März/April) im mdw-Magazin erschienen und kann im mdw-Webmagazin nachgelesen werden.

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